Mittels differenzierten, wissens- oder methodengestützten Deutungen wird ein Fall bzw. eine Fallthematik erhellt. Es geht darum, die subjektive Sichtweise und Eigenlogik von Klienten (-systemen) zu entschlüsseln und – im Sinne von Hypothesen – Erklärungen für das, was problematisch in einem Fall problematisch ist, zu generieren: Wie kann man die Fallthematik erklären und – gemeinsam mit den Klientinnen und Klienten – verstehen? Ziel ist, auf der Grundlage von Fallverstehen Hinweise für hilfreiche Interventionen abzuleiten (vgl. Hochuli Freund/Stotz 2015, 215-252).
Grundsätzlich kann zwischen rekonstruktiven Methoden wie z.B. Fallrekonstruktion (Haupert 2007), narrativ-biografische Diagnostik (Fischer/Goblirsch 2001) oder objektive Hermeneutik (Oevermann 2000) und dem theoriegeleiteten/empiriergeschützten Fallverstehen (Hochuli Freund/Stotz 2015) unterschieden werden. Ein wichtiger Bestandteil bei dieser letzten Methode ist die dialogische Verständigung mit den Klientinnen und Klienten über mögliche Erklärungen.
Sind unterschiedliche Professionen und Hilfesysteme in einen Fall involviert, so ist ein Prozess des gemeinsamen Fallverstehens anzustreben, bei dem alle Professionen ihre Überlegungen einbringen und gemeinsam ein transprofessionelles Gesamtbild erarbeiten (vgl. Obrecht 2005).